SIEBENKÄSMUSIK

Die „Siebenkäs-Musik“ für Klaviertrio entstand im Frühjahr 1992 etwa gleichzeitig mit meiner Lektüre von Jean Pauls Siebenkäs-Roman. Der Komposition des Trios folgten kurz darauf noch die „Jean-Paulschen Bagatellen“ – quasi als Nachzügler und Geburtstagsgruß an Wilhelm Killmayer – im Herbst desselben Jahres. Die fünf „Szenen“ der „Siebenkäs-Musik“ erhalten ihre spezifische Prägung von bestimmten Szenerien und Passagen des Romans, stellen diese jedoch nicht im Sinne einer strengen, nachlesbaren Programmatik musikalisch nach. Die Musik stellt der schillernden, verwickelten, beziehungs- und anspielungsreichen Prosa Jean Pauls eine ähnlich geartete musikalische Prosa gegenüber. Sie spielt dabei mit Hörerwartungen, wobei sich scheinbar Vertrautes als befremdlich entpuppt, Visionäres und Nüchternes, Groteskes und Erbauliches, Empfindsames und Grobschlächtiges unmittelbar aufeinandertrifft und ineinandergeht. Der Schriftsteller Walter Höllerer beschreibt Jean Pauls Techniken einmal sehr treffend: „Schon bei der Arbeit am ‘Siebenkäs’ hatte Jean Paul seine gegen ein lineares Handlungsschema rebellierenden Strukturpläne. Dornenstück, Blumenstücke und Fruchtstücke sollten sich fleckenhaft aneinanderreihen.“ Dieser Aufbau im Gegeneinander statt im Nacheinander lasse sonst Verdecktes erkennbar werden, nämlich das „angestrebte Leben und wie es verhindert wird.“ Jean Paul schreibe „am Rand des Realistischen und Phantastischen“, wo die von der „Alltagskausalität befreite Wunschwelt“.

Markus Schmitt: SIEBENKÄS-MUSIK 
für Klaviertrio
ISMN 979-0-700344-55-9 / MVN 2 (Part.)
28,- EUR
(München, 2013)

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