Neue Kinderszenen

mvn-85_bild-1Fredrik Schwenk hat mit seinen „Neuen Kinderszenen“ einen bewegenden und subtilen Zyklus geschaffen. Der Titel, der zugleich ganz Großes und ganz Kleines zu verheißen scheint, wird eingelöst in einem intelligenten und psychologisch einfühlsam ausdeutenden Rundgang durch eine imaginäre Galerie unserer inneren Bilder, ohne dabei je die künstlerische Distanz der Gestaltung zu verlieren, was den Zyklus aber gerade so ausdrucksstark macht. Musik voller Gedanken, die man lange im Kopf behält. ISMN 979-0-700344-33-7 / MVN 85

Der Zorn verwirrt die Vernunft

Fredrik Schwenk über „Zweites Trio & Abgesang“

Zwischen dem ersten Klaviertrio, das in einem der ersten Konzerte der aDevantgarde bereits 1990 uraufgeführt wurde und in welchem sich erstmals eine von postavantgardistischen Konventionen befreite, von der Reduktion rhythmischen und intervallischen Materials gekennzeichneten Ästhetik und der Uraufführung des zweiten Klaviertrios im Mai 2011 in der Akademie der Schönen Künste in München liegen 21 Jahre. „Der Zorn verwirrt die Vernunft, auch wenn er deren Urteil folgt, aber er hilft zur raschen Tat.“ Dieses aus den quaestiones disputatae de malo entnommene Zitat des Thomas von Aquin trifft auf sicherlich auf beide Klaviertrios zu, so wie der Widerspruch formaler Strenge und energetischer Freiheit als Motto über vielen Werken der vergangenen 20 Jahre stehen könnte. Und dennoch ist das Material des zweiten Klaviertrios komplexer, das klassizistische Formmodell durchdrungener, die Energie des ersten, aber vor allem des letzten, in ein enges formales Korsett geschnürten Abschnitts berstender als die Steigerungswellen des älteren Werkes.

Wie auch das erste, so wurde auch das zweiten Klaviertrio unmittelbar nach der Uraufführung einer Revision unterzogen. Während jedoch im älteren Werk einige wenige Details verändert wurden, erhielt der formal unbefriedigend lange mittlere Abschnitt des jüngeren Werkes einen zentralen neuen Formteil. Aus der dreiteiligen wurde eine etwa zwanzig Minuten dauernde Gesamtanlage, die streng genommen jener fünfteiligen großen Liedform folgt, wie sie häufig in langsamen Sätzen später Kammermusikwerke von Schubert zu finden ist. Da es sich jedoch nicht um einen einzelnen Satz aus einer mehrsätzigen Gattung handelt, steht der formale Rahmen im Zeichen der Ver- bzw. Umklammerung des nachkomponierten Kernstücks, das dem spätklassischen Scherzotypus um 1800 wesensverwandt ist. Den inneren Rahmen des Scherzos bilden zwei lyrische Mittelteile, deren Harmonik von Ferne an eine Verbindung zweier Akkorde von Django Reinhardt erinnert, während der äußere Rahmen von zwei schnellen Abschnitten geprägt ist, die gegensätzlicher nicht sein könnten und doch beide ungeduldig, zornig aufbrausend einander ergänzen. Gerade wo der eröffnende Abschnitt energetisch nach vorne zu immer neuen Kulminationspunkten drängt, beginnt der Schlussabschnitt quasi unisono mit geballter Kraft und verpufft ins Leere, ins Offene, ins Weite, ohne jedoch tatsächlich dorthin zu gelangen.

Dieser Umstand macht den Abgesang notwendig. Der Beginn der Sarabande des Cellos mit seinen historisierenden Doppelgriffen lässt den letzten Abschnitt des Trios transitorisch erscheinen, als gelange man durch eine Art materialistisches Inferno hindurch zu neuem Material, das ganz aus den Bruchstücken des alten gewonnen werden konnte. Violine und Klavier sind zurückgeblieben, nur das Cello entwickelt aus dem lapidaren Akkordmaterial zwei Varianten – premier et deuxième agrément, bevor es hinaus schreitet ins Freie zu einer Sarabande en plein air. Mit dem dernier agrément von Ferne an die Intensität des vorangegangenen Trios erinnernd, verflüchtigt sich das Material, die Akkorde in Arpeggios aufgelöst und am Ende in vagen Flageoletts sich wie ein geruchloses Gas vollständig von selbst auflösend. Und so bleibt auch am Ende des Abgesangs der nicht greif- bzw. identifizierbare Eindruck des Körperlosen.

Hamburg, März 2015

Uraufführung des Trios am 19.05.2011 mit Anna Skouras, Johannes Gutfleisch und Volker Banfield (Trio) und Niklas Schmidt (Abgesang) in der Bayerischen Akademie der schönen Künste.

Auftragskomposition der Bayerischen Akademie der schönen Künste.

ZWEITES TRIO UND ABGESANG
für Violine, Violoncello und Klavier
ISMN 979-0-700344-08-5 / MVN 60 (Part.)
34,- EUR
Musikverlag V. Nickel, München
(erscheint in kürze)

Fredrik Schwenk: Zweites Trio & Abgesang

NEUERSCHEINUNG FRÜHJAHR 2015

Mit „Zweites Trio & Abgesang“ können wir in diesem Frühjahr erstmals ein Stück von Fredrik Schwenk präsentieren. Wer seine Musik kennt weiß, welche ganz besondere Freude das für uns und den Verlag ist! Der „Abgesang“ erscheint auch in einer Einzelausgabe für Violoncello solo.

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Fredrik Schwenk: Zweites Trio und Abgesang
für Violine, Violoncello und Klavier
ISMN 979-0-700344-08-5
Verlagsnummer MVN 60

 

Fredrik Schwenk im Musikverlag V. Nickel

Fredrik Schwenk, 1960 in München geboren, studierte Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität, sowie Komposition bei Wilhelm Killmayer an der Hochschule für Musik und Theater in München. Zu den Interpreten seiner Musik zählen viele international renommierte Künstler und Ensembles, wie Niklas Schmidt, Georg Glasl oder German Brass, und sein umfangreiches Schaffen für das Musiktheater (mit Werken wie „Il conte dimmezzato“, „Pan in Oslo“ oder „GehenGehenGehen“) findet mit Aufführungen an vielen Theatern des deutschsprachigen Raums bis hin zur Münchener Biennale große Beachtung. Ebenso seine Kompositionen für Orchester, wie „Pro*Epimetheus“ oder „SturmStoffTräume“.
Fredrik Schwenks Arbeit wurde mit vielen internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter den Carl-Orff-Preis für zeitgenössisches Musiktheater (München 1995) und den Reinl-Preis für „Kakerlakenritual“ (Wien 1998). Fredrik Schwenk war Stipendiat an der Cité Internationale des Arts in Paris (1989) und der Fondation Hindemith (Blonay CH 1990). 1992 erhielt er das Kulturförderstipendium der Stadt München.

Von 1991 bis 19Fredrik Schwenk 293 leitete er den Opernworkshop, später auch den Hörspielworkshop des Internationalen Jugendfestspieltreffens in Bayreuth, und war von 1992 bis 1999 Vorstandsmitglied des aDevantgarde e.V.
Als Hochschullehrer führte ihn sein Weg über Stationen in München und an der Hochschule Nürnberg-Augsburg an die Hochschule für Musik und Theater der Freien und Hansestadt Hamburg, wo er seit 2000 als Professor für Musiktheorie und Komposition unterrichtet (Studiendekan von 2004 bis 2010) und zusammen mit Peter Michael Hamel das durch die Zeitstiftung in Hamburg geförderte Studio 21 leitete.

Seit 2007 ist er Mitglied des Lehrkörpers der Andreas-Franke-Akademie für Jungstudierende und seit 2009 künstlerischer Leiter der durch das Europäische Netzwerk „Ulysses“ geförderten Akademie Opus XXI für zeitgenössische Musik. Als Mitinitiator leitet er den durch die EU geförderten internationalen Copeco-Masterstudiengang für zeitgenössische Musik zwischen den Hochschulen Tallinn, Stockholm, Lyon und Hamburg. Von 2008 bis 2012 war er Mitglied des künstlerischen Beirats von KLANG, einer Initiative der Kulturstiftung des Bundes zur Förderung der zeitgenössischen Musik in Deutschland. Seit 2011 leitet er das LZO Baden-Württemberg. Fredrik Schwenk lebt und arbeitet in Hamburg.